Das Ziel meiner Reise

Ein steiler Anstieg war es dann doch noch einmal kurz vor Jerusalem. Die Strasse geht gradlinig und ohne Erbarmen den Ölberg hinauf. Ich komme keuchend und schwitzend oben an und mein Herz pocht durch die Anstrengung, als ich die Stadt zum ersten Mal in meinem Leben sehe. Was für ein Moment! Die goldene Kuppel des Felsendoms glänzt zwischen der Stadtmauer und den Türmchen der Kirchen und Moscheen. Über Ein halbes Jahr lang habe ich darauf hingearbeitet und eine Gefühlte Ewigkeit habe ich diesen Moment ersehnt. Dennoch blieben die ganz grossen Emotionen heute aus.

Checkpoint

Es war schon etwas merkwürdig auf dem Ölberg zu sein, denn einige Minuten zuvor war ich noch im Checkpoint mit einigen Palästinensern eingefärcht. Zwischen Stacheldraht, Eisen, Kameras und befehlstonartiger Kommunikation die von schwer bewaffneten Beamten hinter Glasscheiben ausging, habe ich ca. eine Stunde gebraucht um die andere Seite der Mauer zu sehen. Eine Mauer die quer durch die Stadt verläuft. Für mich als Kind, dass nur vier Jahre vor dem Mauerfall in Deutschland zur Welt gekommen ist, konnte ich die Geschichte meiner Nation hautnah nachempfinden. Was für eine Welt, in der Mauer zwischen Menschen Probleme lösen sollen. Nur anderthalb Kilometer weiter, nach dem Aufstieg zum Ölberg sehe ich die Heilige (Alt-) Stadt, auf der so viele Verheissungen des Friedens und der Menschlichkeit liegen. Ein Symbol für die Freiheit der Völker. Als ich den Checkpoint verlasse, spüre ich einen kurzen Moment Dankbarkeit. Es war gut, diese Gefängnisstimmung am Ende dieser Reise noch zu erleben, denn die Monate zuvor hat mir mein deutscher Reisepass einiges an Privilegien geschaffen. Doch dort nicht. Zu spüren, wie Andere behandelt werden und in welchen „Gefängnissen“ sie leben, wenn auch nur für einen kurzen Moment, hat mich schockiert und aufgewühlt. Dafür war ich dankbar, denn diese Augenblicke sind in unseren Leben selten geworden. So werden diese 1500m ein schönes Symbol für das Spannungsfeld zwischen Realität und Verheissung, nicht nur für Jerusalem als Stadt sondern auch für mein eigenes Leben. Oft stecke ich noch in inneren Gefängnissen wo mir doch eine Freiheit verheissen wurde. Das alles wird mir erst bewusst, wenn ich nun darüber nachdenke. Als ich Jerusalem am 14. Januar, das erste mal in meinem Leben sah, waren nur dumpfe Gefühle da, die schwer einzuordnen waren.

Mauern zwischen Menschen

Das heilige Ringen mit dem Unheiligen

Ich spürte schon lang, dass das mein innerer Tank an Eindrücken und Erlebnissen voll war. Die Reise lang, habe ich Neues entdeckt und unzählige Energien von Menschen und Orten gespürt, so dass es jetzt den Anschein erweckte: das Mass ist voll! Gleichzeitig weiss ich, dass alle Sensoren meines Empfindens beim Eintreffen am Ziel in höchster Empfangsbereitschaft waren. Viele Tage konnte ich auf der Pilgerreise meine „Antennen“ trainieren, die mir durch ein Übermass an Empfindungen gezeigt haben, was Lebendigkeit bedeuten kann. Doch es fällt mir an diesem Tag (wie die letzten Tage zuvor auch schon) einfach schwer die Signale sofort in Gefühle, Empfindungen und Emotionen umzuwandeln, sie werden einfach gespeichert. Ich vermute, dass diese Empfindungen in der Reflektion und im Verarbeiten der Reise in den nächsten Wochen noch zum Vorschein kommen werden. Ein Teil von diesem Prozess spüre ich schon heute. Ein Lächeln huschte mir doch über das Gesicht und je länger ich die Stadt betrachtete, desto breiter wurde das Grinsen. Etwas später gehe ich den Ölberg hinab zum Garten Gethsemane der ein besonderer Ort für mich ist. Er hat mich in den Geschichten der Bibel schon als Kind fasziniert, doch konnte ich nie sagen warum. Heute glaube ich, es liegt an dem was darin passiert. Das Heilige (Jesus) willigt, in einem inneren Kampf, in das Unheilige (der Verrat) ein. Ein Wendepunkt für die Welt. Vielleicht werde ich in einem anderen Blogbeitrag einmal mehr über meine Gedanken darüber berichten. Für heute soll es genügen wenn ihr wisst, dass dieser Ort noch heute einen tiefen Frieden in mir aufsteigen lässt. Ein heiliger Ort, der trotz der vielen Menschen die ihn täglich besuchen eine Hoffnung ausstrahlt. Die Kirche direkt neben dem Garten mit ihren Mosaiken und Altarbildern wird diesem Ort gerecht. Für mich ist sie eine der schönsten Kirchen die ich je betreten habe. Nicht wegen ihrem Glanz, sondern wegen der Hoffnung die sie in ihrem dunklen Raum versprüht. Das Ringen mit dem Heiligen und das Einwilligen in einen schmerzhaften Weg sind Schlüsselmomente für eine ewige Hoffnung auf Frieden, im Innern und Äusseren.

Gethsemane – ein friedvoller Ort

Am Ziel angekommen

Kurz darauf betrete ich die Altstadt von Jerusalem über das Lions-Gate und folge den enger werdenden Gassen. Dem Kreuzweg folgend, geht es hinauf Richtung Grabeskirche. Ein buntes Gewirr aus Händlern, Touristen und Einheimischen begegnet sich dort und mitten drin bin ich mit meinem Pilgerstab, dem Rucksack und meinen dumpfen Gefühlen. Es ist nicht so voll wie ich es erwartet hatte, dennoch wirkt es lebendig und etwas chaotisch. Ich bleibe stehen um die Details der Stadt zu betrachten und sofort ziehen Menschen an mir vorbei. Die Einen murmeln ein Gebet vor sich her, die Anderen telefonieren, wieder Andere sind im Gespräch miteinander und eine Gruppe trägt ein grosses Holzkreuz vor sich her und steuert mit lauten Anbetungen die nächste Kirche an. Es gibt Menschen mit Hut, Ringellöckchen, Kopftuch, Sonnenbrille, Kamera, Maschinengewehren und alle sind sie mit mir vereint in den Mauern von Jerusalem. Ein Zusammentreffen wo es nur selten zur Begegnung kommt und dennoch auf eine unbeschreibliche Art vereint. Als Pilger fühle ich mich in diesem Gewirr weder aufgehoben noch wie ein Fremdkörper, ich bin einfach einer von Vielen. Der Weg hat mich zu keinem besseren Menschen gemacht, ich bleibe einer von vielen Suchenden, auch wenn ich das Ziel dieser Reise gefunden habe. Vereint mit den Menschen hier gehe ich die letzten Meter bis zum Platz vor der Grabeskirche (Church of holy Selpchure) auf dem die Menschen in kleinen Gruppen stehen. Wie in Santiago de Compostela muss ich mich irgendwann hinsetzen. So nehme ich auf den kalten Steinplatten direkt gegenüber des Eingangs der Grabeskirche platz, dabei hilft mir der Bodenkontakt mich zu erden. Diese Beobachtung hatte ich auf dem Jakobsweg auch gemacht, erst als ich auf dem Boden sass, bekam ich Zugang zum Moment. Es gibt viele Bilder im Internet und Foren auf denen Pilger vor dem Ziel sitzend zu sehen sind. Meiner Meinung nach hat das meistens nichts mit Erschöpfung zu tun, sondern ist es eine instinktive Geste um sich zu erden. Leider habe ich bisher kein besseres Wort dafür gefunden. Eine ganze Weile verbringe ich vor dem Tor der Grabeskirche, mal in sitzender und mal in liegender Form und spüre eigentlich nichts. Als ich den Blick nach oben richte, in dem ich meinen Kopf auf die kalten Platten lege, sehe ich den grauen eintönigen Himmel. Im Augenwinkel sind nur die Spitzen des Kirchturms der Grabeskirche und des Minaretts der angrenzenden Moschee zu sehen. Zwischen Himmel und Erde liege ich da, ganz in der Nähe des Grabes, welches mir die Hoffnung für mein Leben und der Welt bedeutet. Leer im Moment und gleichzeitig voll gefüllt mit Erlebten durch die Reise, liege ich dort auf den kalten Steinen bei meinem Herrn, meinem Gott und meinem Licht und kann es doch nicht ergreifen oder verstehen. In einer Zwischenwelt befindet sich mein Empfinden, denn ich spüre die Blicke der Menschen um mich herum auf mir und doch ist es mir egal, denn ich bin hier. Hier an meinem Ziel!

Am Ziel meiner Reise

Ein Ende mit Schrecken

Eine junge deutsche Frau spricht mich an und setzt sich zu mir auf den Boden. Erst im Gespräch mit ihr wird mir deutlich, dass ich gar nicht richtig in die Kirche gehen will, denn es bedeutet gleichzeitig auch das Ende meiner Pilgerschaft für diese Reise. Je nach Deutung befinden wir uns ja alle auf einem Pilgerweg durch diese Zeit, doch dieser sakrale Bau war das erklärte Ziel dieser Reise. Erst nach einem schönen Austausch mit ihr habe ich den Mut und wage den Weg hinein in die Grabeskirche. Das Gebäude wirkt erdrückend und bizarr auf mich. Nach den ersten Schritten in dieser Kirche bin ich schon fast froh, dass einige andere Menschen mit dabei sind, denn sonst wäre sie schon fast gruselig. Ich habe die Monate zuvor immer vermieden Bilder von Jerusalem zu sehen, um meine Erwartungen nicht anzuheizen und offen in diese Stadt gehen zu können. So hatte ich eigentlich keinerlei Vorstellung was mich hier erwartet. Eine Weile musste ich mich orientieren, die vielen kleinen Ecken und zum Teil dunklen Altare hatten für mich kein System. Dennoch waren diese Teile spürbar unterschiedlichen christlichen Überzeugungen entsprungen. Orthodoxe Ikonenbilder folgten auf armenisch geprägten Mosaike zu einem modernen katholischen Altar. Überall waren andere Gedenknieschen die einen winzigen Auszug der Leidensgeschichte Jesu im Fokus hatten. Da die Geisselung, dort die Festsetzung als Gefangener, ein paar steile Stufen hinab das Kreuz und dort wo man die Kirche betritt der Salbungsstein auf dem der Leichnam Jesu einbalsamiert wurde. Im oberen Teil des Zentrums steht die Grotte in der Jesus beerdigt worden ist. Ein wuchtiger Bau liegt nun wie eine riesen Glocke über dem Ort. Der Ort an dem die Wende des Lebens geschehen ist. Über dem Grab Jesu, dass in die Wucht der Kapelle eingebettet liegt thront eine riesige Kuppel in deren Mittelpunkt das Tageslicht matt und kraftlos hindurch scheint. Es dringt nur aus den beiden zentralgelegenen Kuppeln Licht von Aussen in den Kirchenraum, der Rest ist im Dunkeln und nur durch Kerzenlicht oder Energiesparlampen erhellt. Eine ganze Weile gehe ich in der Kirche auf und ab, auch ich stelle mich in die Reihe der Menschen die sich in die wuchtige Kapelle wagt und ein kurzes Gebet an dem Grab Jesu spricht, um ein wenig später diesen merkwürdigen Ort und die Kirche zu verlassen. Passend dazu leutet die sie in meinem Gehen ihre Glocken in einem auffallend schrillen und blächernen Ton. Das Schäppern erschrickt mich und holt mich aus meinem Gedanken, die einordnen wollen was sie da gerade gesehen haben. Nun fällt mir meine Müdigkeit wieder auf, schwer sind die Beine und mein Geist ist einfach matt. So verlasse ich die Altstadt fürs erste auf dem mir kürzestem Weg und gehe in mein Nachtlager. Meine Pilgerreise hat damit ihr Ende gefunden. Keine Erleuchtung, keine Stimme vom Himmel war zu hören, dennoch hätte es besser nicht sein können für mich.

Die Grabeskirche

Das Grab ist nicht leer

Noch vier mal gehe ich während meines Aufenthaltes in Jerusalem in die Grabeskirche und mit jedem Besuch bekomme ich mehr Zugang zu diesem Ort. Schön wird dieser Bau nie, aber er ist für mich zu einem schönen Bild geworden. Das Grab ist leer! So singen und sagen wir in der Osterzeit sehr häufig im Hinblick auf die Geschichte aus der Bibel. Doch zu meiner Verblüffung erkenne ich: Es stimmt nicht. Heute ist das Grab Jesu nicht leer, sondern es ist voller Leben! Menschen aus völlig unterschiedlichen Gründen kommen, sehen, setzen sich mit dem Geheimnis der Auferstehung auseinander und werden so zu einem der schönsten Symbole der Lebendigkeit und des Miteinanders. Auf Knien, in Stille und Andacht, mit interessierten Blicken, mit Gebet und Fotoapparat versuchen sie zu erforschen was da geschah. Sie machen die Grotte zu einem Ort der Begegnung und des Friedens. Wie ein Magnet gehen Menschen an das Grab, erinnern sich an eine Folterung, was an sich ja völlig widersinnig ist, und setzen sich mit dem unerklärlichen auseinander. Danach ziehen sie von dannen, als hätte sie der Magnet umgepolt. Sie verlassen das Grab und gehen. So werden diese Steine, ja die ganze Stadt mit ihren Türmchen und Narben zu einem Bild für das Ringen der Menschen um das Geheimnis des Lebens. Der Glanz der Hoffnung und Verheissung ist in jeder Ritze dieser Stadt zu finden, gleichsam auch die Wunden der Realität. Mauern, Stacheldraht, Gewehre, Konsum, das Klagen der Muezzine, der schrille Ton der Glocken, die Bruchstücke der Tempel und der Kampf um das eigene Gehört werden sind hier in einem intensiven Gemisch zu erleben. Und über allem schwebt die Verheissung einer neuen Welt in der jeder seinen Platz gefunden hat und zu Hause ist. Keine Mauer, keine Waffe und kein Klagen ist dann mehr nötig, wir sind alle Gehörte im ewigen Tanz des Lebens.

Licht und Schatten des Grabes

Berufung und Verheissung

Diese letzte Etappe zeigt mir worauf es mir im Leben in nächster Zeit ankommen wird. Der Realität ins Auge zu sehen und mich dem zu stellen, was mir Angst macht oder mich einengt. Darüber hinaus mit dem Heiligen ringen wie es Jesus im Garten Gethsemane und wie auch der Urvater Jacob es am Fluss Jabok tat. Ich möchte mich nicht nur der Realität, dem Unheiligen sondern auch dem Heiligen (Gott) stellen und gemeinsam mit ihm um Lösungen ringen und am Ende ein Amen finden. Einwilligen in den Lauf der Ewigkeit. Diese tiefgreifende Dynamik ist mir auf meiner Pilgerreise wichtig geworden. Sehen, Hören, Erleben um dann nach Antworten und Lösungen mit dem ewigen Licht zu suchen. Wer eine Beziehung zu Gott will, muss meiner Erfahrung nach mit ihm ringen. Keine Angst, du kannst ihn nicht kaputt machen und wenn du mit ehrlichen Zweifeln kommst, dann wird es dich nicht zerstören. Er ist Liebe! Es geht nicht um Trotzigkeit, Besserwissen oder Ego, sondern um eine heilsame Auseinandersetzung mit dem was ist. Eine Beziehung lebt von dem Spannungsfeld des miteinander Ringen und dem Einwilligen in einen gemeinsamen Plan. So steht am Ende des Gebetes Jesu in Gethsemane auch: dein Wille geschehe! Dieses ehrliche Zustimmen in den Weg des Ewigen Lichtes ist nur möglich, wenn wir uns vorher mit diesem Auseinandersetzen. Es ist gleichbedeutend wie das Halleluja von dem ich in einem anderen Blogartikel berichtet habe. Einstimmen in das Halleluja, dem Gesang des Gotteslobs, der meinen kleinen Verstand und auch mein Herz übersteigt. Die Zustimmung zu dem was ist, kann manchmal schmerzhaft sein, dann wird das Halleluja ein gebrochenes, zaghaftes, kaum hörbares Lied sein. Es kann an anderen Tagen ein prächtiges und mächtiges Lied sein, weil wir uns auf kraftvolle Weise mit dem ewigen Licht verbunden fühlen. In beidem liegt die Einwilligung, das Amen in den Lauf des Lebens. Wenn ich den Checkpoint verlasse und in Gethsemane einwillige führte mich der Weg zur Verheissung. Glaube bedeutet für mich heute besonders Berufung und Verheissung. Die Berufung will heute gelebt werden und die Verheissung soll einst erfüllt werden. Doch beides bedingt einander. Ohne gelebte Berufung wird die Verheissung nicht erfüllt. Genauso gibt es ohne eine Verheissung, eine Hoffnung keine Berufung, oder Aufgabe für mich. Diese Suche nach dem Platz und nach der Aufgabe wird nicht vollkommen aufhören, bis die Hoffnung erfüllt ist. So hören wir bis heute das Klagen der Menschen und den schrillen Eifer der Glocken im Gassengewirr von Jerusalem, bis die Hoffnung auf eine Ewigkeit, die Frieden, Liebe und Licht in sich vereint, erfüllt ist. Bis dahin braucht es den Muezzin der Gottes Lob in die Dunkelheit schreit, den Mönch, der still betend die Gasse entlang schlendert, den Kaufmann der durch wenige Worte seine Waren anpreist, den Soldat der für seine Idee von Frieden einsteht und den Pilger der müde sein Ziel erreicht. Es braucht dich und mich. Lebe was du vom Licht (vom Evangelium) verstanden hast, und sei es noch so wenig. So ähnlich hat es Frére Roger aus Taizé einmal formuliert. Was du verstanden hast, das ist Berufung, und sei es noch so wenig.

Verheissung und Realität

Es alles getan was nötig ist

Einen letzten Gedanke für dieses Mal möchte ich mit euch noch teilen. Wer meine Geschichte kennt, der weiss, dass für mich diese Erkenntnis wichtig ist, während für andere Menschen es bereits seit Kindertagen eine gelebte Wahrheit ist. Als ich das vierte Mal im der Grabeskirche war, setzte ich mich gegenüber einer Kreuzesdarstellung in der Kreuzauffindungskappelle. Es war einer der wenigen Orte, die nicht so stark besucht war und durch seine Schlichtheit eine besondere Ausstrahlung hatte. In Gedanken kamen mir die Bilder von den spirituellen, heiligen Orten in den Sinn, die ich auf dem Weg nach Jerusalem gesehen habe. Als ich so nachspürte, kommt mir eine bekannte, aber immer wieder überraschende Erkenntnis in den Sinn. Es ist alles getan! Diesen Satz höre ich selber sagen. Es gibt nichts was wir tun müssen um uns dem Licht zu nähern. Gott hat für uns alles getan, damit wir Zugang bekommen zu seiner Liebe, dem Frieden und dem Licht. Es ist vollbracht. Wir sind schon heute frei von Allem, wenn wir uns auf das Licht einlassen können. Keine Pilgerreise ist nötig um die Freiheit zu erlangen, denn sie ist uns bereits geschenkt. Die heiligen Orte, das Pilgern und die schönsten Gottesdienste sind doch nur Bilder einer inneren Kraft, die bereits in uns wirkt. Sie helfen, uns dem Licht und Gott zu nähern, aber sind nicht Bedingung. Es sind Möglichkeiten uns dem Geheimnis des Lebens zu nähern aber keine Eintrittskarte für die Ewigkeit. Was uns den Eintritt zu Gott verschafft, das ist bereits getan. Ich kann mit meiner kleinen Kraft diesen Geheimnissen nichts hinzuzufügen. Ich muss nichts tun, es ist vollbracht. Dieser Gedanke verschafft mir immer wieder einen neuen Blick auf Gott. Er macht die Herzenstür weit auf und lässt Licht in manch dunkle Kammer darin strömen. Es entlastet mich von selber auferlegten Bürden und schenkt mir die Freiheit mich immer wieder auf Gott einzulassen. Das Pilgern hilft mir dabei, mich diesen Geheimnissen zu nähern. Auch Gottesdienste, Liturgie und Orte sind für mich und mein Wesen geeignete Werkzeuge dazu, aber das Geheimnis des Lebens ist uns ins Herz gegossen. Dort findet statt, was uns Frieden und Freiheit verschafft.

Es ist alles getan

So konnte ich frei nach dem Wort des Simeon (Lk. 2; 29-33) beim bisher letzten Gang aus der Grabeskirche sagen: Herr nun lässt du deinen Diener in Frieden (heim-)fahren, denn meine Augen haben das Heil gesehen, was du bereitet hast allen Völkern.

Ultreia! Auf Bald in Jerusalem.


English Translation

The goal of my journey

It was a steep climb just before Jerusalem. The road goes straight and without mercy up the Mount of Olives. I arrive at the top panting and sweating and my heart pounds with the exertion as I see the city for the first time in my life. What a moment! The golden dome of the Dome of the Rock shines between the city wall and the towers of the churches and mosques. For more than half a year I have been working towards it and for a felt eternity I have longed for this moment. Nevertheless, the big emotions did not happen today.

Checkpoint

It was a bit strange to be on the Mount of Olives, because a few minutes before I was still inked up at the checkpoint with some Palestinians. Between barbed wire, iron, cameras and commanding tone communication, which was emitted by heavily armed officials behind glass panes, it took me about an hour to see the other side of the wall. A wall that runs right through the city. For me as a child, born in Germany only four years before the fall of the Wall, I could feel the history of my nation at first hand. What a world where walls between people are supposed to solve problems. Only one and a half kilometres further on, after the ascent to the Mount of Olives, I see the Holy (Old) City, on which so many promises of peace and humanity lie. A symbol for the freedom of peoples. As I leave the checkpoint, I feel a brief moment of gratitude. It was good to still experience this prison atmosphere at the end of this trip, because the months before my German passport gave me some privileges. But not there. To feel how others are treated and in which „prisons“ they live, even if only for a short moment, shocked and stirred me. I was grateful for this, because these moments have become rare in our lives. So these 1500m become a beautiful symbol of the tension between reality and promise, not only for Jerusalem as a city but also for my own life. Often I am still in inner prisons when I was promised freedom. All this only becomes clear to me when I think about it now. When I saw Jerusalem for the first time in my life on January 14th, there were only dull feelings, which were difficult to classify.

The sacred struggle with the unholy

I felt for a long time that my inner tank was full of impressions and experiences. During the journey, I discovered new things and felt countless energies of people and places, so that now it seemed: the mass is full! At the same time I know that all sensors of my sensation were in the highest readiness to receive when I arrived at my destination. For many days on the pilgrimage I was able to train my „antennas“, which showed me through an excess of sensations what liveliness can mean. But on this day (like the last days before) it is simply difficult for me to immediately convert the signals into feelings, sensations and emotions, they are simply stored. I suspect that these sensations will still come to light in the reflection and processing of the journey in the next weeks. Part of this process I can already feel today. A smile came over my face and the longer I looked at the city, the wider the grin became. A little later I walk down the Mount of Olives to the Garden of Gethsemane which is a special place for me. It has fascinated me in the stories of the Bible since I was a child, but I could never say why. Today I believe it is because of what happens in it. The holy (Jesus) agrees, in an inner struggle, to the unholy (the betrayal). A turning point for the world. Maybe I will report about my thoughts on this in another blog post. For today it should be enough if you know that this place still today lets a deep peace rise in me. A holy place that radiates a hope despite the many people who visit it every day. The church right next to the garden with its mosaics and altarpieces does justice to this place. For me it is one of the most beautiful churches I have ever entered. Not because of its splendor, but because of the hope it radiates in its dark room. Wrestling with the sacred and agreeing to a painful journey are key moments for an eternal hope for peace, inside and outside.

Arrived at your destination

Shortly thereafter I enter the Old City of Jerusalem through the Lions Gate and follow the narrowing streets. Following the Way of the Cross, I go up towards the Church of the Holy Sepulchre. A colourful tangle of merchants, tourists and locals meet there and in the middle of it all I am with my pilgrim’s staff, my rucksack and my dull feelings. It is not as full as I had expected, but it still seems lively and a little chaotic. I stop to look at the details of the city and immediately people pass me by. Some are murmuring a prayer in front of them, others are on the phone, others are talking to each other and one group is carrying a big wooden cross in front of them and is heading for the next church with loud worship. There are people with hats, ringlets, headscarves, sunglasses, cameras, machine guns and all of them are united with me within the walls of Jerusalem. It is a meeting place where we rarely meet and yet are united in an indescribable way. As a pilgrim, I do not feel at home in this tangle, nor like a foreign body, I am simply one of many. The path has not made me a better person, I remain one of many seekers, even though I have found the goal of this journey. United with the people here I walk the last meters to the place in front of the Church of holy Selpchure where people stand in small groups. Like in Santiago de Compostela I have to sit down sometime. So I take a seat on the cold stone slabs directly opposite the entrance of the Church of the Holy Sepulchre, the ground contact helps me to ground myself. I had also made this observation on the Way of St. James, only when I sat on the floor did I gain access to the moment. There are many pictures on the internet and forums where pilgrims can be seen sitting in front of the goal. In my opinion this usually has nothing to do with exhaustion, but is an instinctive gesture to ground oneself. Unfortunately I have not found a better word for it yet. I spend quite a while in front of the gate of the Church of the Holy Sepulchre, sometimes sitting and sometimes lying down, and actually feel nothing. When I look up, laying my head on the cold plates, I see the grey monotonous sky. In the corner of my eye only the tops of the steeple of the Church of the Holy Sepulchre and the minaret of the adjacent mosque are visible. Between heaven and earth I lie there, very close to the grave, which means hope for my life and the world. Empty in the moment and at the same time filled with experiences through the journey, I lie there on the cold stones with my Lord, my God and my light and yet I cannot grasp or understand it. In an in-between world is my feeling, because I feel the looks of the people around me on me and yet I do not care, because I am here. Here at my destination!

An end with horror

A young German woman speaks to me and sits down on the floor with me. Only in conversation with her does it become clear to me that I don’t really want to go to church, because it also means the end of my pilgrimage for this journey. Depending on the interpretation, we are all on a pilgrimage through this time, but this sacred building was the declared goal of this journey. Only after a beautiful exchange with her do I have the courage and dare to enter the Church of the Holy Sepulchre. The building seems oppressive and bizarre to me. After the first steps in this church I am almost glad that some other people are with me, because otherwise it would be almost creepy. I always avoided seeing pictures of Jerusalem the months before in order not to fuel my expectations and to be able to go into this city openly. So I actually had no idea what to expect here. For a while I had to orientate myself, the many small corners and partly dark altars had no system for me. Nevertheless, these parts had noticeably different Christian convictions. Orthodox icon pictures followed Armenian mosaics to a modern Catholic altar. Everywhere were other commemorative knees that focused on a tiny excerpt of Jesus‘ story of suffering. There the scourging, there the imprisonment, a few steep steps down the cross and where one enters the church the anointing stone on which the body of Jesus was embalmed. In the upper part of the centre is the grotto where Jesus was buried. A massive building now lies over the village like a huge bell. The place where the turn of life happened. Above the grave of Jesus, which is embedded in the impact of the chapel, a huge dome is enthroned in the centre of which daylight shines through weak and powerless. Only light from the two central domes penetrates into the church, the rest is in the dark and only lit by candlelight or energy saving lamps. For quite a while I walk up and down the church, I too join the line of people who venture into the massive chapel and say a short prayer at the grave of Jesus, only to leave this strange place and the church a little later. Appropriately, as I walk, she rings her bells in a strikingly shrill and smiling tone. The clattering frightens me and takes me out of my thoughts, which want to classify what they have just seen. Now I notice my tiredness again, my legs are heavy and my mind is simply dull. So I leave the old town on the shortest way and go to my camp for the night. My pilgrimage has come to an end. No enlightenment, no voice from heaven could be heard, yet it could not have been better for me.

The grave is not empty

Four more times during my stay in Jerusalem I go to the Church of the Holy Sepulchre and with each visit I get more access to this place. This building will never be beautiful, but it has become a beautiful picture for me. The grave is empty! This is how we sing and say very often during the Easter time with reference to the story from the Bible. But to my amazement I realize: It is not true. Today the tomb of Jesus is not empty, but full of life! People for completely different reasons come, see, deal with the mystery of the resurrection and thus become one of the most beautiful symbols of life and togetherness. On their knees, in silence and devotion, with interested glances, with prayer and camera, they try to explore what happened. They make the cave a place of meeting and peace. Like a magnet, people go to the tomb, remembering a torture, which in itself is completely absurd, and deal with the inexplicable. Then they move away from there, as if the magnet had reversed their polarity. They leave the grave and go. In this way these stones, indeed the whole city with its turrets and scars, become an image for the struggle of the people for the secret of life. The splendour of hope and promise can be found in every crack of this city, as well as the wounds of reality. Walls, barbed wire, guns, consumption, the lamentation of the muezzins, the shrill sound of the bells, the fragments of the temples and the struggle to be heard can be experienced here in an intense mixture. And above it all hovers the promise of a new world in which everyone has found their place and is at home. No wall, no weapon and no lamentation is necessary anymore, we are all heard in the eternal dance of life.

Calling and promise

This last stage shows me what will be important in my life in the near future. To face the reality and to face what frightens me or restricts me. Beyond that, wrestling with the saint as Jesus did in the Garden of Gethsemane and as the forefather Jacob did at the river Jabok. I want to face not only reality, the unholy, but also the holy (God) and struggle together with him for solutions and find an Amen at the end. Consent to the course of eternity. This profound dynamic has become important to me on my pilgrimage. Seeing, hearing, experiencing in order to then search for answers and solutions with the eternal light. Whoever wants a relationship with God must, in my experience, wrestle with him. Don’t be afraid, you can’t break it and if you come with honest doubts, it won’t destroy you. He is love! It’s not about stubbornness, knowing better or ego, but about a salutary confrontation with what is. A relationship thrives on the tension of struggling with each other and agreeing to a common plan. This is what Jesus‘ prayer in Gethsemane also says at the end: Your will be done! This honest agreement into the path of the Eternal Light is only possible if we first come to terms with this. It is equivalent to the hallelujah that I have reported on in another blog article. Agreeing to the Hallelujah, the song of God’s praise, which transcends my small mind and also my heart. Agreeing to what is can sometimes be painful, then the Hallelujah will be a broken, timid, barely audible song. It can be a magnificent and powerful song on other days, because we feel powerfully connected to the eternal light. In both lies the consent, the Amen to the course of life. When I leave the checkpoint and agree to Gethsemane, the path led me to the promise. For me today faith means especially calling and promise. The vocation wants to be lived today and the promise shall be fulfilled one day. But both are mutually dependent. Without a lived vocation the promise will not be fulfilled. Likewise, without a promise, a hope, there is no vocation or task for me. This search for place and task will not stop completely until hope is fulfilled. So we still hear the lamentation of the people and the shrill eagerness of the bells in the maze of streets of Jerusalem until the hope of an eternity that unites peace, love and light is fulfilled. Until then we need the muezzin who cries out praise to God in the darkness, the monk who strolls silently praying along the alley, the merchant who praises his goods with a few words, the soldier who stands up for his idea of peace and the pilgrim who tiredly reaches his goal. It needs you and me. Live what you have understood from the light (from the Gospel), even if it is very little. This is how Frére Roger from Taizé once put it. What you have understood is a vocation, however little it may be.

It did all that is necessary

One last thought for this time I would like to share with you. Whoever knows my story knows that for me this knowledge is important, while for others it has been a lived truth since childhood. When I was in the Church of the Holy Sepulchre for the fourth time, I sat opposite a representation of the cross in the Chapel of the Discovery of the Cross. It was one of the few places that was not so heavily visited and had a special aura due to its simplicity. In my thoughts, the images of the spiritual, holy places that I saw on the way to Jerusalem came to my mind. As I traced them, a familiar but always surprising insight came to my mind. It is all done! This is the sentence I hear myself saying. There is nothing we have to do to approach the light. God has done everything for us to get access to his love, peace and light. It is done. We are already free of everything if we can get involved with the light. No pilgrimage is necessary to attain freedom, because it is already given to us. The holy places, the pilgrimage and the most beautiful services are only images of an inner power that is already working in us. They help us to approach the light and God, but are not a condition. They are possibilities to approach the mystery of life, but not a ticket to eternity. What gives us the entrance to God is already done. I cannot add anything to these mysteries with my little power. I do not have to do anything, it is done. This thought always gives me a new view of God. It opens the door of the heart wide and lets light stream into many a dark chamber in it. It relieves me of self-imposed burdens and gives me the freedom to get involved with God again and again. The pilgrimage helps me to approach these secrets. Services, liturgy and places are also suitable tools for me and my being, but the mystery of life is poured into our hearts. It is there that what gives us peace and freedom takes place.

So I was able to say freely according to the word of Simeon (Lk. 2; 29-33) during the last walk out of the Church of the Holy Sepulchre: Lord, now you let your servant go in peace, because my eyes have seen the salvation you have prepared for all nations.

Ultreia! See you soon in Jerusalem.